Das Leipzig um 1900 von Romantikern als "Pleissathen" bezeichnet wurde, konnten sich selbst eingefleischte Leipzigkenner angesichts der verkommenen, verrohrten und nach Phenol stinkenden Flüsse seit den 50-er Jahren bis zur Zeit der Wende kaum mehr vorstellen. Dabei gab es zu Beginn des 19. Jahrhunderts bereits ein umfassendes "Leben am Wasser", eine Spielart des gesellschaftlichen Lebens dieser Stadt. Selbst nach der Wende erhaschten die neuen Visionäre nur ein mitleidiges Lächeln, wenn von einer "Wasserstadt" die Rede war.
Seit einigen Jahren können sich nun auch die ungläubigsten Leipziger und natürlich alle Besucher per Boot selbst vom Leben an und in den Leipziger Gewässern überzeugen. Die Wasserwege sind wieder sauber und damit nutzbar geworden. Die Binnenstadt Leipzig zählt mehr als 300 Brücken, gut ein Dutzend natürlicher und künstlicher Wasserstraßen und eine Hafenanlage. Die Stadt hat jedoch keinen Anschluss an das europäische Wasserstraßennetz und auch keine geschlossene Verbindung zwischen den Gewässern der Stadt und des Umlandes.
Der Karl-Heine-Kanal (1856 – 1893) sowie der Lindenauer Hafen mit dem Elster-Saale-Kanal (1933 – 1942) gehören zu den beeindruckenden Zeugnissen von Leipzigs unternehmerischem Schaffensdrang bis hin zum nationalen Größenwahn. Leider wurde die große Vision des Anschlusses aus den Augen verloren. Visionäre, wie Karl Heine, aber auch Bürgermeister der Stadt, wie Goerdeler, scheiterten an den Umständen, der Zeit und an fehlender Bündelung von Kräften. Der Kanal ist ein Stück Geschichte und wieder zurück gewonnene Lebensqualität.
Den Besucher erwartet eine interessante Mischung aus schaurig-schöner Industriearchitektur entlang des Kanals. 16 beeindruckende Brücken, viel Natur und das Kuriosum "Hafen ohne Anbindung" bieten einen Einblick in Geschichtliches und Zukunftsträchtiges.